©Anke Schulz
Arbeitersiedlungen und Lager in Eidelstedt und Lurup
von ca. 1920 bis 1945

Vortrag im Eidelstedter Bürgerhaus am 26.06.2003

Ab den 1920er Jahren, im Verlauf der damaligen Weltwirtschaftskrise, kam es in Deutschland zu einem Zusammenbruch weiter Wirtschaftsbereiche. Das wirkte sich aus bis in das Alltagsleben der Menschen. Infolge steigender Massenarbeitslosigkeit und unzureichender Entlohnung der wenigen, die noch Arbeit hatten, sank die Kaufkraft der Menschen auch für existentiell notwendige Güter wie Nahrung und Wohnung, viele Familien verarmten. Die offiziellen Zahlen gaben für 1928 etwa 7% Arbeitslose im gesamten Deutschen Reichsgebiet an, aber die tatsächlichen Zahlen lagen weitaus höher. 1931 waren mehr als 30% der Bevölkerung arbeitslos gemeldet. 50 bis 70 % der Beschäftigten verdienten als Kurzarbeiter nur ein geringes des Gehaltes eines Vollzeitarbeiters. Die Wohlfahrtsbehörden konnten nur ein Minimum an Unterstützung gewähren und waren mit der Bewältigung ihrer Aufgaben hoffnungslos überfordert. 
Es gibt noch heute sichtbare Spuren der damaligen behördlichen Maßnahmen, die sogenannten Notstandsarbeiten. Der Bau der Verbindungsstraße von Altona - Stellingen nach dem Volkspark und dem Altonaer Stadion beispielsweise wurde 1928 als Notstandsarbeit von Arbeitslosen durchgeführt, die dafür eine Saison lang Beschäftigung fanden. Für die Regierung Schleswig und der Magistrat der Stadt Altona waren die Zuschüsse dieser Bauten aus der wertschaffenden Arbeitslosenfürsorge eine wichtige Finanzierungsquelle in einer Zeit, in der die Staatskassen leer waren. Notstandsarbeiten wie diese sollen, wie es in einem Antrag der Gemeinde Eidelstedt auf Notstandsarbeiten für einen Sportplatz hieß„Erwerbslosen, die mit kurzen Unterbrechungen fast 1 Jahr hindurch erwerbslos und in dieser Zeit auf die karge Erwerbslosenunterstützung angewiesen waren, von der sie nicht einmal den notdürftigsten Lebensunterhalt bei der gegenwärtigen Teuerung bestreiten können, vor dem gänzlichen Untergang, dem Müßiggang, der Arbeitsscheu und sonstigen Untugenden zu bewahren und um das auf diese Weise zerrüttete Familienleben der Erwerbslosen aufbauen helfen“
Viele Menschen, die im Stadtbereich Hamburgs gewohnt hatten, vor allem in den Hafengebieten, in St. Pauli und Altona, verloren mit der Arbeit auch ihre Wohnungen. Zimmer in St. Georg beispielsweise waren unter 6 Mk pro Woche nicht zu haben, für Erwerbslose, die nur 5 MK Unterstützung erhielten, fast unerschwinglich.
Der Magistrat der Stadt Altona versuchte 1928 vergeblich durch behördliche Anordnungen die Wohnungsnot zu lindern, gegebenenfalls hielt sich der Senat die Beschlagnahmung gefährdeten Wohnraums vor. Diese Anordnung brachte nicht den gewünschten Erfolg. Die betroffenen Menschen konnten sich auf Behördenmaßnahmen wie diese nicht verlassen und waren auf Selbsthilfe angewiesen, sie meisterten die Not mit Kreativität und nicht immer gesetzeskonformen Organisationstalent. Teilweise kam es zu „Lebensmittel-Unruhen“ in Altona und im Altonaer Grenzgebiet. „Gegen die Aushungerung der Erwerbslosen! Für Brot und Arbeit!“ lautete eine Forderung aus dem Jahr 1929 auf einem der Flugblätter des Erwerbslosenausschuss Groß-Hamburg mit dem für eine „Kampfkundgebung“ im Lokal Wulf in der Großen Bergstraße geworben wurde. Die Arbeitslosigkeit politisierte die Menschen. 
Die obdachlos gewordenen Menschen, die nicht bei Freunden oder Verwandten unterkommen konnten, mussten notgedrungen auf der Straße leben. Teilweise stellte die Wohlfahrtsbehörde auch Baracken auf, die aber für die große Zahl an Bedürftigen nicht ausreichten. Offiziell galt Obdachlosigkeit als „polizeiwidriger Zustand“ der mit Polizeimaßnahmen zu beseitigen sei. Das bedeutete vor allem die Einweisung in ein Obdachlosenasyl. Teilweise wurden Obdachlose auch „in den Zellen des Staatsgefängnisses untergebracht.“ Kein Wunder, dass die obdachlos gewordenen Arbeiter dem zu entkommen versuchten. Es begann eine Wanderbewegung in die Randbezirke der Stadt, und viele zogen in die Region um Bahrenfeld, Lurup, Eidelstedt und Osdorf, in Kleingartenhäuschen, selbstgebastelte Behelfsheime oder in Bauwagen und Straßenbahnwagen. Manche siedelten illegal, ohne eine Genehmigung der Baupolizei einzuholen, andere konnten das Land, auf dem sie siedelten, pachten oder gar billig von der Stadt oder den Bauern erstehen. 
 Ab ca. 1920 wurden die Grundsteine für viele Siedlungen gelegt, die immer noch Teile des Strassenbildes in Eidelstedt und Lurup prägen. Zahlreiche alte Einfamilienhäuser stammen aus dieser Zeit. Auch Familien des Kleinbürgertums und des Mittelstandes, unter ihnen viele Handwerksmeister und leitende Angestellte, litten in den Jahren der Wirtschaftskrise unter der Not und begannen mit einfachen Mitteln in den Stadtrandgebieten  zu siedeln. 1920 konnte der ‚Siedlungsverein Eigenheim Eidelstedt’ mithilfe staatlicher Förderung Bauprojekte realisieren. Die Berufe dieser Siedler wurden bei diesen und anderen Anträgen angegeben, so können sie uns heute ein Bild der sozialen Struktur dieser Menschen vermitteln. Es waren Lehrer, Eisenbahngärtner, Milchhändler, Viehhändler, Bahnbeamter, Bäckermeister und Halbhufner, also eher Menschen aus dem Mittelstand. Dem „Siedlungsverein Eigenheim e.V.“ in Eidelstedt in der Halstenbeker Straße, Fangdieckstraße und Luruper Straße gehörten Familien an, deren Männer Berufe ausübten wie Schiffsführer, Mechaniker, Kontorist, Maurer und Eisenbahnarbeiter. Bauausführende waren die Grundstückseigner zum größten Teil selbst. Sie bekamen Landesdarlehen und Beihilfen durch die Gemeinde Eidelstedt, ohne diese Förderung hätten sie ihre Häuser nicht halten können. Sie waren darauf angewiesen, Zimmer zu vermieten und Selbstversorgung zu betreiben, um die Hypotheken abzahlen zu können.
Die Herstellungskosten für ein Doppelhaus mit 82,52 qm betrugen 100 800 RM.  Das sind horrende Summen, wenn man bedenkt, dass der durchschnittliche Arbeitslohn bei ca. 40 RM im Monat lag.
Während die Siedler des Mittelstandes es sich also teilweise leisten konnten, Architekten zu beauftragen und solide Baumaterialien einzusetzen, bauten die obdachlosen Arbeitslosenfamilien aus St. Pauli und Altona mit allen verfügbaren Materialien, darunter auch Kisten und Sperrholz. Sie konstruierten die Hütten und Häuser in den meisten Fällen ohne professionelle Hilfe und manchmal auch ohne Genehmigung der Behörden. Die „Kistendörfler“ waren überwiegend ehemalige Beschäftigte der Fischindustrie in Altona gewesen, die günstig an Fischkisten herankommen konnten, aus denen diese „Kistendörfer“ entstanden. So kam es zu den sprichwörtlich geworden „Fischkistensiedlungen“ in Lurup und Osdorf, den sogenannten „wilden“ Laubenkolonien auf der Feldmark. Nordöstlich konzentrierte sich diese Bautätigkeit im ‚Viermoor’ bis hinauf zum Friedrichhulder Weg. Es waren vor allem die Ärmsten der Armen, die damals mit Fischkisten aus der Fischindustrie Hütten errichteten. Die Fischkisten waren nur wenige Millimeter dick, fast so wie Sperrholz. Die Gesundheitspolizei ging teilweise gegen das Lagern von Fischkisten in Altona vor, weil es Beschwerden von Anwohnern gegen die Geruchsbelästigung gegeben hatte. Man kann sich vorstellen, welchem Gestank die Menschen ausgesetzt waren, die nur diese Baumaterialien zur Verfügung hatten. Neben Fischkisten wurden die unterschiedlichsten Materialien wie Seifenkisten und Eierkisten benutzt, um einigermaßen bewohnbare Räume zu errichten. Abbruchmaterialien waren die Regel. Die Obdachlosen nutzten jedes Material, das sie vor Wind und Wetter schützte. Ohne Rücksicht auf Baugesetze nahmen die Obdachlosen selbst ihr Schicksal in die Hand und siedelten dort, wo Land frei war. Es gab zahlreiche Orte, an denen sich regelrechte Fischkistensiedlungen befanden. Zum einen in der Nähe des Wäldchens an der Luruper Hauptstraße, gegenüber dem heutigen Daliengarten, und in der Nähe der Siedlung Morgenröthe. Zum anderen in Osdorf Nord, in der Nähe vom Swatten Weg und in der Siedlung Kiebitzmoor, die damals zu Eidelstedt gehörte. Es gibt auch Berichte über Fischkistenhütten auf dem Grunde stillgelegter Kiesgruben in Lurup und Osdorf. Pressefotos aus damaligen Tageszeitungen zeigen eine erschreckende Armut.
Auch andere ungewöhnliche Wohnmöglichkeiten wurden genutzt. So mancher konnte einen Bauwagen, einen Straßenbahnwagen oder gar einen Eisenbahnwagen organisieren und lebte darin, teilweise auf Pachtland, auf dem Gelände von Kleingartensiedlungen, teilweise aber auch auf Ländereien, die brach lagen und wild besiedelt werden konnten. Auch meine Großeltern siedelten zeitweilig auf diese Art und Weise. In einer Akte über Zwangsräumungen in Altonaer Randgebieten aus dem Jahr 1934 findet sich ein Hinweis auf diese Siedlungsform:
„Vater Werkzeugmacher, insg. 7 Personen, 5 erwachsene Kinder, 2w 3m, erwerbslos, alter Reichsbahn-Viehwagen, sehr mangelhaft. Abort: Bremshäuschen-Eimer. Eigene Pumpe. Befund: gesundheitsschädlich.“ Dieser Reichsbahn- Viehwagen befand sich in einer Siedlung im Stellinger Moor.
Meine Großeltern, beide arbeitslos und obdachlos, mit einem behinderten Kind und einem Säugling, siedelten erst in einem mit einem Vorbau versehenen Straßenbahnwagen, dann in einer aus Abbruchmaterialien selbst erstellten Hütte in der Eckhoffstraße. Man kann sehen, wie wichtig der Selbstanbau für die Menschen war. Obst, Gemüse, Geflügel aus dem eigenen Garten sicherte das Überleben der Familie, das teilweise auf dem Fischmarkt getauscht oder verkauft werden konnte.
Vielerorts also entstanden die Behelfsheimsiedlungen auf Kleingartengelände. Arbeiterfamilien, die einen Schrebergarten oder Kleingarten gepachtet hatten, fühlten sich reich. Viele von ihnen nutzten den Garten als Möglichkeit, der drohenden Obdachlosigkeit zu entkommen und sich durch den Anbau von Obst und Gemüse über Wasser zu halten. Das ‚Dauerwohnen’ war baupolizeilich und von den Pachtverträgen der Laubenkolonien her ausdrücklich untersagt. Teilweise versuchten die Bewohner sich gegen diese Anordnungen zu wehren. So kam es bereits 1918 zu Protesten von Laubenbewohnern gegen Zwangsräumungen. Doch das „Dauerwohnen“ war und blieb illegal und wurde von den Behörden in der Weimarer Zeit bestenfalls geduldet. Die Vereine waren angehalten, gegen das ‚Dauerwohnen’ vorzugehen, aber nur wenige kamen dem nach. Die Hamburger Polizeibehörden verhielten sich eher zurückhaltend, vor allem die Wohnungsbehörde, die zuständig für eine Zuweisung von Wohnraum an die obdachlosen Familien gewesen wäre, hatte ein Interesse an einer stillschweigenden Duldung.
Ebenfalls heftig diskutiert wurde die Frage, ob die Haltung von Vieh in den Kleingartenkolonien erlaubt sein solle. Auch hier drückten die Behörden größtenteils wohlwollend beide Auge zu. Kaninchen und Hühner durften gehalten werden, solange die Tiere artgerecht gehalten und die Nachbargärten nicht gestört wurden. Das Halten von Schweinen und Ziegen wurde im allgemein untersagt. Das änderte jedoch nichts daran, dass einige Kleingärtner auch ein Schwein oder eine Ziege ihr Eigen nannten.  
In vielen Kolonien entstand eine Solidargemeinschaft, die Siedler standen füreinander ein, es gab Gemeinschaftskassen, und soweit es der Gemeinschaft möglich war, wurde aus diesen „Unterstützungskassen“ auch die Pacht zahlungsunfähiger Genossen bestritten. Viele Siedlungen boten den Kleingärtnern spezielle Versicherungen an, es gab zahlreiche Gemeinschaftsaktivitäten, und in den Vereinshäusern wurden Kurse vor allem über Obst- und Gemüseanbau und Kleintierhaltung angeboten.
Im Jahrbuch 1933 des Landesverbandes Groß-Hamburg e.V. der Kleingartenvereine Deutschlands werden als Kleingärten des Bezirksverbandes Pinneberg beispielsweise die Kleingartenkolonie Hüttenbesitzer von 1912 e.V. in der Nähe des Bahnhofes Eidelstedt, genannt, die Laubenkolonien ‚Morgenpacht’ im Stellinger Moor und am Bollweg in Eidelstedt.
Über das Leben in diesen Kolonien eine ehemalige Bewohnerin der Siedlung Kleinworth, einem Kleingartenverein am Rugenbarg, in einem Interview zusammen mit ihrem Sohn.  Gemeinsam mit ihrem Mann baute sie sich in der Siedlung Kleinworth eine Bude, die bis in die Kriegsjahre hinein zusammen mit den beiden kleinen Söhnen bewohnt wurde. 
Bei dieser Gelegenheit möchte ich auf die Lebensbeschreibungen Elfriede Bornholdts hinweisen, die über das Leben der Siedlung Kiebitzmoor zwei Bücher geschrieben hat, das „Buch Hör Mal!“ ist in der Museumsbibliothek des Museums der Arbeit in Barmbek am Wiesendamm erhältlich und das Buch „Nur ein Mädchen“ in jedem Buchladen.
 In vielen Fällen konnten sich wilden Siedlungen ohne Genehmigung der Baubehörde ausbreiten, womit beispielsweise der Gewässerschutz nicht mehr gewährleistet werden konnte. Viele Siedler und Kleingärtner bohrten eigenhändig Brunnen und entsorgten ihre Abwässer in selbst erbauten Jauchegruben. Vor allem der Stadtentwicklungsbehörde waren sie ein Dorn im Auge. Andererseits war die Not der Massen an Arbeitslosen nicht zu übersehen. So stießen Reformideen, die Selbsthilfe der Menschen zu unterstützen und ihnen kontrolliert von der Stadt das Siedeln zu ermöglichen, auch bei der Baubehörde auf offene Ohren. Alternativen zu den wilden Siedlungen in den Kistendörfern und dem Dauerwohnen in Kleingärten wurden entwickelt. 
Stadtrandsiedlungen als Alternative zum Dauerwohnen in Schrebergärten wurden mit staatlichen Mitteln unterstützt. Eine Notverordnung aus dem Jahr 1931 bestimmte eine Förderung vorstädtischer Kleinsiedlungen für Erwerbslose. Darlehen bei einer 4% Verzinsung, teilweise auch mit niedrigerem Zinssatz, sollten den Grunderwerb von Erwerbslosen fördern. Damit wurden nicht nur in Altona und Hamburg Vorstadtsiedlungen ermöglicht. Den ‚Siedlungsverein Eigenheim Eidelstedt’, der zinsgünstige Kredite bekam, hab ich eingangs bereits erwähnt. Er war aus einer Kleingartensiedlung hervorgegangen. Gemäß der Satzung aus dem Jahr 1920 war
„Der Zweck des Vereins ausschließlich, minderbemittelten Familien gesunde und zweckmäßige Kleinwohnungen im Sinne des Gesetztes in eigenen Gartenhäusern zu billigen Preisen zu verschaffen, sowie Förderung und Unterstützung des Gartenbaues auf Eigenland.“
Die Siedler bekamen von der Gemeindeverwaltung Eidelstedt, das damals zum Kreis Pinneberg gehörte, ein Landesdarlehen in Höhe von 57 488 RM, davon 1/6 als zinsloses Darlehen für eine Fläche von 325,20 qm am Halstenbeker Weg. Auch andere Siedlervereine wie die Gemeinnützige Baugenossenschaft ‚Siedlungskolonie Eidelstedt GmbH’ versuchten um diese Zeit, mithilfe von Reichsdarlehen Siedlungen zu errichten. 
 Ein Beispiel für Siedlungen, die sich der Genossenschaftsidee verpflichtet fühlten, sind die Siedlergemeinschaften Uns Oldeel und Elbkamp. Die Siedlungsgemeinschaft ‚Uns Oldeel’ wurde am 3. August 1919 gegründet, von Arbeitern und Angestellten der Stadt Altona. Der Grundeigentümer Henry Kleinworth stellte eine Roggenstoppelkoppel zur Verfügung, die im Süden von der Carlstraße (dem heutigen Böttcherkamp) begrenzt wurde. Der Kaufpreis betrug damals durchschnittlich 1,20 M.“ Den Bau besorgten die Siedler selber:
In einer Chronik schreibt der Mitbegründer Barenschee: „Alle Mitglieder samt Familien halfen mit, jede freie Zeit, auch sonntags, nicht nur das Straßenbett auszuheben, sondern auch Steine, Geröll Schlacke usw. heranzuholen. Wir grasten mit Pferdefuhrwerken die ganze Umgebung ab, sogar mit Block- und Kinderwagen.“ So entstanden die Straßenzüge um die Siedlung an der heutigen Kleinwörthshöh. Schwierig war es für den Bauverein, trotz Inflation und Währungsreform die nötigen Baugelder zu organisieren, aber alle Bauvorhaben wurden realisiert. Herr Barenschee in seiner Chronik: „Allmählich wurde man auf uns aufmerksam. Es kamen jetzt öfter ‚Sehleute’ und keiner schüttelte mehr den Kopf, sondern man nahm Einsicht in unser vorbildliches Vereinsstatut. Wir fanden Nachahmer in Lurup und es entstanden schon bald weitere Siedlungen.“ Dazu gehörte die Siedlungsgemeinschaft ‚Elbkamp’, die von einer Arbeitsloseninitiative in Altona gegründet und vom sozialdemokratischen Altonaer Bürgermeister Max Brauer unterstützt worden war. Mit günstigen Krediten und Immobilien sollte den Arbeitslosen Vermögensbildung und ein Stück wirtschaftliche Unabhängigkeit ermöglicht werden. Voraussetzung für eine solche sogenannte Siedlerstelle war, dass die Siedlerfamilie mindestens ein Kind hatte und mehr als drei Jahre in Altona ansässig gewesen war. Die Männer bauten selbst, in gegenseitiger Unterstützung, ohne andere technische Hilfsmittel als zwei Zugpferde, gemietete Schienen und eine altersschwache Lore. Dabei waren unter den 102 Siedlern lediglich 32 mit einer Ausbildung als Handwerker. 1932 wurden die 88 Doppelhäuser von den Siedlern in Selbsthilfe fertig gestellt, zusätzliche Mittel waren nicht benötigt worden. Zu jeder Siedlerstelle gehörten ca. 750qm Land, womit eine bescheidene landwirtschaftliche Produktion zur Selbstversorgung möglich war. Die Häuser existieren heute noch, natürlich sehr verändert, zwischen Lüttkamp und Farnhornweg.
 Viele der Siedler, sei es in den Behelfsheimen, den Kleingärten oder Baugenossenschaften, fühlten sich der damaligen Arbeiterbewegung zugehörig, viele waren Sozialdemokraten und Kommunisten. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten wurde Schritt für Schritt das Zusammenleben von dem nationalsozialistischen Apparat überschattet. Arbeitslose waren für die nationalsozialistische Ideologie „arbeitsscheue Volksgenossen“. Kampagnen gegen Arbeitslose und gegen Bettler gehörten zu den ersten nach der Machtübernahme. Das wirkte sich auch auf die Arbeitslosensiedlungen in Lurup aus. Viele Menschen aus den Arbeitersiedlungen der Vorstädte, auch aus Eidelstedt und Lurup, galten nach dem nationalsozialistischen Menschenbild als ‚asozial.’ Strukturelle, von Behördenwillkür ausgeübte Schikane, und gewalttätige Übergriffe von SA und SS auf wehrlose Siedlerfamilien gingen Hand in Hand. Die Nationalsozialisten förderten gezielt den Zuzug von Menschen, die sie als systemfreundlich einstuften. Für die Siedlerstellen, die nach 1933 geschaffen wurden, wurden Familien ausgewählt, die arisch, streng nationalsozialistisch, frei von Erbkrankheiten und auf keinen Fall asozial galten. Zu diesem Zwecke mussten Fragebögen ausgefüllt werden, es wurden alle verfügbaren relevanten Daten von den entsprechenden Behörden erhoben. Ein Luruper erinnert, dass seine Schwiegermutter als alte Frau erzählte, wie sie als hochschwangere junge Frau vor dem Amtsarzt Kniebeugen machen musste, um ihre Erbgesundheit nachzuweisen. Erst danach bekam die Familie die Siedlerstelle zugewiesen. Teilweise gibt es Hinweise auf kreative Formen im Umgang mit kommunalen Geldnöten. Die Eidelstedter Siedlung Hembarg e.V., betrieben von einfachen Gewerbetreibenden, bekam 1934 erst eine Siedlungsgenehmigung, nachdem der Siedlungsverein sich dazu bereit erklärt hatte, mit 230 Mk pro Familie für die "Schul- und Kirchenlasten" der Gemeinde Eidelstedt aufzukommen. Die Behörden versuchten die Entwicklung der Einwohnerstruktur gezielt zu kontrollieren. Alle zum Verkauf anstehenden landwirtschaftlichen Flächen mussten der ‚Grundstücksverkehrsbekanntmachung’ (GVB) zur „Verteilung an Umsiedler“ „zur Festigung deutschen Volkstums“ gemeldet werden.  Diese Form staatlicher Kontrolle galt jedoch für Moorgebiete nicht. Diese Gebiete waren frei verfügbar. Hier konnten sich noch in der Kriegszeit Menschen ansiedeln, die nicht mit staatlicher Unterstützung rechnen konnten. Die vielen Arbeiter, die der Arbeiterbewegung auch unter dem Faschismus nicht abschworen, wurden Opfer von gewaltsamen Übergriffen.
Im Lüttkamp befand sich ein SA-Heim, von dem aus die Nazis aktiv gegen politisch Andersdenkende vorgingen. Für die Übertritte warben die Nationalsozialisten gezielt, teils durch Überredungen, teils durch Androhung von Schlägen.
„Nach 33 da haben sie sich denn die Leute nachts raus geholt, manche auch am Tage und haben die entsetzlich vertrümmt. Das hab ich selbst als Kind gesehen, sie haben den Kopf der Leute unter die Pumpe gedrückt und dabei den Kopf immer mit Wasser vollgepumpt. Hier an der Ecke zur Siedlung Elbkamp haben sie einen Mann bei Nacht und Nebel rausgeholt und totgeschlagen. Bei uns wohnte eine Frau N. die wurde weggeholt. Sie soll Frauen geholfen haben das sie keine Kinder bekamen, also bei Abtreibungen. Die haben sie so vom Wäscheplatz abgeholt, die durfte sich nicht umziehen, die musste so wie sie war mitkommen, wurde auf einen Wagen geladen und kam dann nach Lübeck ins KZ.“
Manche reagierten darauf mit einer Übernahme der Sichtweise ihrer Aggressoren. Teilweise gingen die politischen Spaltungen bis hinein in die Familien, es gab Familien, in denen der Vater Kommunist, die Tochter Nationalsozialistin war, oder Ehen, in denen die Frau Kommunistin blieb, der Mann aktiver Nationalsozialist wurde. Die Entsolidarisierung der Arbeiterbewegung führte bei vielen zur Vereinzelung und Isolierung. Die faschistische Diktatur gab den Individuen zahlreiche Mittel in die Hand, missliebig gewordene Nachbarn, Freunde oder Verwandte los zu werden. Noch heute schwärmen einige von den schönen Stunden beim BDM oder der HJ. Andererseits waren nicht alle Parteimitglieder der N.S.D.A.P. fanatische Nationalsozialisten. Für viele Kleingewerbetreibende, die nicht die Grundlagen ihrer Existenz verlieren wollten, viele der zahlreichen kleinen Krämer und Tante-Emma-Läden schien Opportunismus zunächst die Existenz zu sichern, und viele von ihnen traten in die Partei ein.
Es kam zu Übergriffen der Nazis auf die Familien, unter anderem zu Hausdurchsuchungen durch die Gestapo, bei denen die Familienväter im Beisein ihrer Familien zusammengeschlagen wurden. Mit diesen Maßnahmen bezweckten die Machthaber die schrittweise Übernahme der Siedlung, mit Erfolg, denn die Siedler fügten sich, wenn auch unwillig, dem Zwang. In einer Festschrift der Siedlergemeinschaft aus dem Jahr 1981:
„Im Frühjahr des Jahres 1937 wurde die Vereinigung ultimativ aufgefordert, dass mindestens 12 Siedler in die NSDAP eintreten müssen. Der gesamte Vorstand hat sich dann, wenn auch schweren Herzens, dazu entschlossen, in die Partei einzutreten. Die Siedlervereinigung konnte seitens der Siedler nur noch mit äußerster Vorsicht agieren.“
Auch andernorts wurden die Siedler schikaniert. Ein Bericht eines Zeitzeugen über eine Kleingartenkolonie in der jetzigen Nansenstraße zeigt deutlich die Strategie der Nazis, die linke Bevölkerung einzuschüchtern.
Um vor den Angriffen der Nazis sicher zu sein, hatten sich die Siedler eine Art Selbstschutz gebaut: An markanten Punkten der Kolonien wurden Eisenschienen aufgehängt, die bei Gefahr angeschlagen wurden. Da vor 1933 öfter gewählt wurde, wussten die Nazis genau Bescheid, wo die linksorientierten Bürger wohnten (Wahllokale). Bis zum 30. Januar 1933 konnten sich die Bewohner der Kolonien einigermaßen vor Übergriffen durch die Nazis schützen, aber schon einige Tage nach der Machtergreifung überfiel die SA die Siedler. Mit Unterstützung der Hilfspolizei (SA-Männer mit einer Armbinde ‚Hilfspolizei’) wurden die Kolonien abgesperrt. Bei Nacht wurden die Bewohner ins Freie getrieben, es wurden Sachen herausgeworfen, Wände aufgerissen und einige Heime einfach angezündet.
Alte Prozessakten belegen zahlreiche Übergriffe und Folterungen auf Siedler, einige mit Todesfolge. Auszug aus einer Prozessakte, Zeugenaussage:
Im Juli 1933 wurde mein Mann, Wilhelm Meyer, von C. und J. mit vorgehaltener Pistole gezwungen, unsere Laube zu verlassen, worauf er dann nach Rüpke geschleppt wurde. Auf dem Wege dorthin und bei Rüpke selbst wurde mein Mann schwer mißhandelt. Danach wurde ihm befohlen, bei eventueller Nachfrage auszusagen, er sei angefallen worden. Anschließend wurde mein Mann dann unter fortwährenden Drohungen fortgejagt. In meiner Angst um meinen Mann lief ich zur Luruper Polizeiwache, um Schutz zu holen. Der Hauptwachmeister L., jetzt Polizeileutnant, war zur Zeit bei Rüpke, wie mir seine Frau persönlich erklärte. Auf dem Rückweg nach Hause fand ich meinen Mann blutüberströmt im Kornfeld. an den Folgen der Misshandlungen siechte mein Mann dahin, bis er 1937 verstarb.
Trotz dieser Übergriffe ließen sich viele nicht einschüchtern. Trotz des Verbotes, BBC oder Freies Deutschland zu hören, wurde von vielen das Recht auf freie Information in Anspruch genommen.
Eine ehemalige Siedlerin: „Radio hat jeder für sich gehört, informiert waren wir alle, die alten Sozialdemokraten wussten alle Bescheid, auch Flugblätter wurden verteilt.“
In einigen Enklaven blieben Werte der Arbeitslosenbewegung wie Solidarität, Gemeinschaftshilfe und Kameradschaft auch nach der Machtübernahme bestehen und konnten in die Nachkriegszeit hinübergerettet werden.
Lurup, Eidelstedt und Stellingen bestanden damals in weiten Teilen aus unbebautem, freiem Gelände, die Wohnungsdichte war relativ gering. Dieses ließ den Raum aus Sicht der Nationalsozialisten besonders geeignet erscheinen für die Errichtung von Lagern für Zwangsarbeiter und für ein Konzentrationslager. Im Friedrichhulder Weg wurden zeitweilig zwei Lager betrieben, ein Lager für Polinnen und Russinnen, die zur Zwangsarbeit verschleppt worden waren, und das Lager zeitweilig verlassen durften, und ein durch Wachtürme kontrolliertes KZ, einem Außenlager des KZ Neuengamme, in dem Jüdinnen unter unmenschlichsten Bedingungen arbeiten mussten. Außerdem befanden sich ab 1934 im Rondenbarg und wahrscheinlich auch ab 1939 im Lederweg in der Nähe zum Volkspark Lager für Sinti und Roma. In der Lederstraße in der Nähe des heutigen Fußballstadions befand sich nach 1940 eines der größten Lager für Zwangsarbeiter und Zwangsarbeiterinnen des Hamburger Raumes.
Aus überlieferten Antragslisten für Barackenlager lässt sich rekonstruieren, dass zahlreiche Barackenlager im Westen Hamburgs bestanden. Barackenlager benötigte beispielsweise 1942 eine Firma P. in Bahrenfeld, "Die Baracke soll in der Siedlung Schenefeld untergebracht werden"
In Lurup, Eidelstedt, Stellingen und Osdorf wurden 1942 zahlreiche Grundstücke für die Einrichtung von Barackenlagern für geeignet gehalten. „Grundstücke die sich für die Aufstellung von Baracken während des Krieges eignen Lurup Gelände Elbgaustraße am Bahnhof , Weiden Luruper Hauptstraße Lüttkamp, Osdorf Gelände an der Osdorfer Landstraße, Stellingen Sportplatz Kaiser Friedrich Straße, Sportplatzring Stellinger Weiden hinter Hagenbecks Tierpark Grundstück Vereinsbank Reichsbahnstraße, Sportplatz hinter Feuerwache Eidelstedt“ 

In Baracken im Friedrichshulder Weg wurden ab 1939 polnische Frauen und Kinder, aber auch ältere Männer, die aus ihrer Heimat verschleppt wurden, zur Zwangsarbeit getrieben. Für die Anwohner war es verboten, mit ihnen Kontakt aufzunehmen. Frau Littmann vom Hamburger Archiv für Zeitgeschichte hat folgende Daten recherchiert: Es befanden sich etwa 800 Personen im Lager, davon waren ca. 75% Russen und 25% Polen. Besitzer war die Reichsbahn, es war ein Wohnbarackenlager für ausländische Pflichtarbeiter. Der Lagerführer war ein Herr Aschenbrenner. Das Lager war der Bahnmeisterei Eidelstedt zugeordnet. Es befanden sich auf dem Lagergelände 2 Steinbaracken und 6 Holzbaracken, umgeben war es von einem einfachen, 1 m hohem Zaun, die Eingangswache besetzten Eisenbahnbedienstete, es musste Wechselschichtarbeit geleistet werden. Das Gemeinschaftslager hatte eine eigene Küche, es wurden 330 Essensteilnehmer verzeichnet, d.h. ca. 470 Personen wurden in dieser Küche nicht beköstigt. Im Ostarbeiterlager der Bahnmeisterei Eidelstedt 1944 waren 4 tote Männer und 2 nicht näher bezeichnete Tote registriert worden.
Über das Schicksal dieser Frauen und Männer ist ausgesprochen wenig bekannt. Es kann nur vermutet werden, dass sie vergleichbar mit anderen Zwangsarbeiterinnen harte Lebens- und Arbeitsbedingungen zu bewältigen hatten. Die Zahlenangaben über die Essensteilnehmer lassen ja Rückschlüsse auf die Ernährungslage der 440 Lagerinsassen zu, die nicht in der Kantine verköstigt wurden. Dennoch war dies ein vergleichsweise frei geführtes Lager, der Zaun war lediglich 1 m hoch, und die ArbeiterInnen konnten sich relativ frei bewegen. Da es sich aber zu einem großen Teil um Russinnen gehandelt hat, kann davon ausgegangen werden, dass Schikanen an der Tagesordnung waren.
Eine Zeitzeugin berichtet von einer Anwohnerin, Mutter von drei Kindern, die erwischt wurde, wie sie einem jungen Soldaten etwas zustecken wollte. Es kann sich bei diesem Soldaten um einen Russen gehandelt haben.
„Es war ungefähr 1941, und es war anfangs fast unmöglich, mit ihnen Kontakt zu bekommen, denn bei Lebensgefahr war es verboten, ihnen etwas zuzustecken. Und doch haben viele von uns es zumindest versucht – bis dann eine Mutter von drei Kindern dabei erwischt wurde und ins KZ kam. Der junge Soldat, dem sie helfen wollte, hatte von der Zeit an die Hölle. Als ihm die Qualen zu groß wurden, nahm er sich das Leben, in dem er sich vor den Zug warf.“
Über ein Lager mit Ukrainern in der Bankstraße in Eidelstedt erinnert sich ein ehemaliger Anwohner, der damals 8 Jahre alt gewesen war:
am Wiesenweg direkt war ein Sportplatz gewesen, der hatte einen höheren und einen tieferen Teil, auf dem einen Bereich wurden die Ukrainer und auf dem anderen die Italiener untergebracht. Die Ukrainer, etwa 30 Personen, durften frei herumlaufen, das Gelände war eingezäunt mit Stacheldraht, die haben das aber trotzdem manchmal überwunden, und man konnte sehen, dass sie sich Lebensmittel organisierten. Diese Menschen stanken nach Lysol, ein Desinfektionsmittel, heute weiß man dass das hochwertig giftig ist und das wussten auch wahrscheinlich die Leute damals. Es müssen Ukrainer gewesen sein, denn mein Vater konnte sich mit ihnen verständigen, und er hatte in der Ukraine Ukrainisch gelernt. Das waren Kinder, Frauen und ältere Männer, möglich, dass die Männer für andere Zwecke eingezogen worden waren, und die liefen relativ frei herum, schnitzten aus den Weiden, die um den Lagerplatz herum standen, Windmühlen, die für uns als Kinder natürlich interessant waren, und dafür wollten sie Taschentücher und Lebensmittel. Bewacht wurden sie von Volksdeutschen, die auch aus Russland kamen, die haben aber nie eingegriffen, jedenfalls ist uns nichts aufgefallen, das Lager war auch nicht richtig umzäunt, ganz anders als bei den Italienern. 
Dieser Anwohner erinnert auch ein Lager mit italienischen Militärinternierten in der Nähe der heutigen Bankstraße.
Das Lager war auf einem ehemaligen Eisenbahnersportplatz. Die Italiener waren eingezäunt und auf Hungerration gesetzt. Ich habe da unglaubliche Szenen in Erinnerung. Auch mussten Juden vor unserer Tür (Nr. 21) einen Panzergraben ausheben. Zwangsarbeiter waren in Eidelstedt bei von SS bewachten Arbeiten auf den Straßen zu sehen.
  "Ich erinnere, dass die Italiener die Abwässer aus ihrer eigenen Baracke - das war ne größere Baracke - auffingen in Töpfen oder Helm und darin dann die Brennnesseln, die auf dem Grundstück wuchsen, gekocht haben. Die bettelten nicht um so was wie Taschentücher wie die Zwangsarbeiter aus der Ukraine,sondern die wollten Brot haben und was zu essen, das heißt, die müssen gehungert haben, die müssen gehungert und gedurstet haben.“

Es kann vermutet werden, das italienische Militärinternierte auch in Luruper und Eidelstedter rüstungsrelevanten Betrieben Zwangsarbeit leisten mussten. Mit dem Argument der steigenden Einwohnerzahl der Randgemeinden begann ab 1938 ein verstärkter systematischer Ausbau der Infrastruktur Lurups, bei dem auch Kriegsgefangene eingesetzt wurden.
Nach den Luftangriffen auf Hamburg 1943 wurden viele durch die Zerstörungen obdachlos gewordene Hamburger an die Außenrandgebiete der Stadt evakuiert. Viele der Ausgebombten kamen bei Verwandten unter, in Kleingartenvereinen, in Behelfsheimen. Die Nationalsozialisten begannen nach den Großangriffen auf Hamburg im Kleiberweg und im Friedrichhulder Weg Unterkünfte aus fertigen Zementplatten bauen zu lassen, sogenannte Plattenbauten, die ausgewählten ausgebombten Familien zur Verfügung gestellt wurden. In einer Anordnung einer dieser Sondermaßnahmen heißt es: „Die Einweisung der Bombengeschädigten in die Wohnungen erfolgt in der Reihenfolge der Dringlichkeit; Angestellte und Arbeiter der Rüstungsindustrie gehen vor.“Diese Maßnahmen reihten sich ein in zahlreiche Fördermaßnahmen zugunsten der Bauindustrie nach den Bombenangriffen durch die Alliierten, den aus Sicht des Reichsministers für Bewaffnung und Munition Speer und des Reichskommissars für den sozialen Wohnungsbaus, Dr. Ley, „völkerrechtswidrigen Terrorangriffen der feindlichen Luftwaffe“. Der Reichskommissar für den sozialen Wohnungsbau hatte Sondermaßnahmen zur Schaffung von Behelfsunterkünften für Bombengeschädigte erlassen, für eine „schlagkräftige Durchführung“ sollten die Gemeinden die „Bauhilfe, Gemeinnütziges Organ der Deutschen Arbeitsfront“ „Bauhöfe“ auf geeigneten Freiflächen errichten lassen. Die ‚Bauhilfe’ vergab weitere Aufträge an Bauunternehmen. Vor allem in den Randgemeinden Hamburgs wurden ‚Leybuden’ errichtet, nach Dr. Ley benannte Fertigbauhäuser. 1944 wurden von der Gemeinnützigen Baugenossenschaft und der neuen Heimat im - Zitat aus einer Akte - „Gau Hamburg“ in Osdorf, Eidelstedt und Lurup ca. 1250 „Behelfswohnungen“ errichtet, so am Wischofsweg und am Osdorfer Weg.
Aus den noch erhaltenen NS-Akten geht hervor, dass aufgrund des Arbeitskräftemangels 1944 von den Kreisverwaltungen und Ortsämtern Bevölkerungsgruppen dienstverpflichtet wurden, die als Arbeitsunfähige schon vor langer Zeit aus dem Erwerbsleben ausgeschieden waren. So war es gemäß dem nationalsozialistischen Menschenbild auch folgerichtig, dass Zwangsarbeiter, KZ-Häftlinge und Militärinternierte diese Bauten errichten mussten. In Lurup im Kleiberweg wurden Plattenbauten von Frauen aus dem Konzentrationslager am Friedrichhulder Weg, einem Außenlager des KZs Neuengamme, und von italienischen, möglicherweise auch französischen Militärinternierten unter unmenschlich grausamen Bedingungen erstellt. Eingesetzt wurden diese Menschen wahrscheinlich von dem Unternehmen Johann H. Johns, Kom. Ges., einem Tiefbau- und Straßenbauunternehmen, das seinen Sitz etwa dort hatte, wo sich heute das Schwimmbad an der Elbgaustraße befindet. Die damalige Adresse des Hauptsitzes des Unternehmens befand sich An der Alster 42. Das Unternehmen existiert heute nicht mehr.
Zu den wenigen Überlebenden des Eidelstedter Außenlagers des KZ Neuengamme gehören die Schwestern Livi und Hedi Fried. Hedi Fried, die heute u.a. als Therapeutin in einem Zentrum für Überlebende des Holocaust in Stockholm arbeitet, hat in ihrem Buch ‚Nachschlag für eine Gestorbene. Ein Leben bis Auschwitz und ein Leben danach“ auch ihre traumatischen Lebenserinnerungen an Eidelstedt beschrieben. Hier ein kurzer Ausschnitt aus ihrem Buch über den Tod einer damals etwa 20jährigen Freundin, die im Lager Eidelstedt mit einer Walze, die selbst Männer nur mit Müh hätten bewegen können, Bauarbeiten ausführen musste: „Als die Dämmerung hereinbrach, sah ich eine Gruppe von Geistern sich im Hof abquälen, und als endlich das Signal gepfiffen wurde, mit der Arbeit aufzuhören, brach Vera vor ihrer Walze zusammen. Ich rannte hinaus, um ihr zu helfen. Sie war ohnmächtig geworden. Ich holte Wasser und benetzte ihre Schläfen. Als sie wieder zu sich kam sagte sie: ‚Ich möchte lieber sterben als noch einen Sonntag wie diesen zu erleben.’ Es war das erste Mal, dass ich sie so sprechen hörte. Vera, die immer an die Zukunft dachte, die immer optimistisch gewesen war. Ihr Gebet wurde erhört. Bis zum folgenden Sonntag war sie tot.“ Als das Kriegsende sich abzuzeichnen begann, wurden Hedi und Livi Fried in einem Viehwaggon in das Vernichtungslager Bergen Belsen gebracht und konnten dort von den Alliierten befreit werden.
Die Verbrechen der Nationalsozialisten wurden auch in Lurup und Eidelstedt in den Jahrzehnten nach 1945 nur schleppend aufgearbeitet, nicht wenige Täter entgingen der Justiz, auch unter Mithilfe von Nachbarn und Freunden. Aber zahlreiche Initiativen in den Schulen und Kirchengemeinden widmeten sich trotz nachbarschaftlicher und familiärer Feindseligkeiten der Erforschung der NS-Geschichte. Die Existenz des Außenlagers des KZ Neuengamme war fast vierzig Jahre lang verdrängt und vergessen worden. Erst Ende der siebziger Jahre beschäftigten sich die in der Nähe des früheren Außenlagers liegenden Kirchengemeinden zum ersten Mal mit diesem Lager. Eine Versammlung von Neofaschisten im Februar 1978 und das bereits eingeleitete Ermittlungsverfahren gegen den ehemaligen Lagerleiter Walter Kümmel veranlasste die Emmaus-Kirchengemeinde, gemeinsam mit der Auferstehungskirchengemeinde, beide ansässig in Hamburg-Lurup, einen Arbeitskreis gegen Neofaschismus zu gründen und mit Hilfe einer Broschüre die nationalsozialistische Vergangenheit des Stadtteils der Öffentlichkeit bewusst zu machen. 1985 wurde von der Gesamtschule Glückstädter Weg, heute Geschwister-Scholl-Gesamtschule, ein Gedenkstein am Rande des ehemaligen Lagergeländes errichtet mit der Aufschrift:. „Wir gedenken der Mädchen und Frauen, die hier im KZ ’Eidelstedt’ unter dem Terror der Nazis litten.“ Zahlreiche Initiativen an den Schulen, der Universität und in Friedensgruppen haben sich seitdem für eine Aufarbeitung der nationalsozialistischen Vergangenheit in Lurup, Stellingen und Eidelstedt stark gemacht. Bleibt zu hoffen, dass es nicht nur in Lurup und Eidelstedt nie wieder modern wird, gewaltverherrlichende Ideologen an die Macht zu lassen.
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