© Anke Schulz

Siedlerstellen und Arbeitersiedlungen
 
Die Siedler von 'Uns Ohldeel' heben 1920 gemeinsam ein Fundament für eine 'Siedlerstelle' aus.

© Foto: Barenschee

Siedlungsprojekte

Die wilden Siedlungen seit den 1920ger Jahren in Lurup, Osdorf und Bahrenfeld (siehe Kistensiedlungen) stießen nicht überall auf Verständnis. In vielen Fällen konnten sie sich ohne Genehmigung der Baubehörde ausbreiten, und das konnte bedeuten, dass beispielsweise der Gewässerschutz nicht mehr gewährleistet werden konnte. Viele Siedler und Kleingärtner bohrten eigenhändig Brunnen und entsorgten ihre Abwässer in selbst erbauten Jauchegruben. Hinzu kam eine in der Regel gegen die Pachtverträge verstoßende Kleintierhaltung, vor allem Hühner, Enten, Gänse, Kaninchen, aber teilweise auch Ziegen und Schweine umfassend. Das führte zu zahlreichen Konflikten. Vor allem der Stadtentwicklungsbehörde waren sie ein Dorn im Auge. Andererseits war die Not der Massen an Arbeitslosen nicht zu übersehen. So stießen Reformideen, die Selbsthilfe der Menschen zu unterstützen und ihnen kontrolliert von der Stadt das Siedeln zu ermöglichen, auch bei der Baubehörde auf offene Ohren. Alternativen zu den wilden Siedlungen in den Kistendörfern und dem Dauerwohnen in Kleingärten wurden entwickelt.
"Die hygienische Sicherheit der großen Städte beruht ganz wesentlich auf Kanalisation und Wasserversorgung. Diese Fragen sind in allen Kleingärten ungenügend gelöst und werden gefährlich, sowie der Boden ungeeignet ist, der Garten nicht gross genug und die bewohnten Lauben sich massieren. ... Es ist abwegig, von den Kleingärten nur noch als Gärten zu reden, denn es handelt sich tatsächlich in einem ganz erheblichen Prozentsatz um Wohngärten oder Wohnlauben. Welche Bedeutung diese Bewegung für die Wohlfahrtspflege der Kommunen hat, brauche ich nur anzudeuten. Man kann wohl Mieten sparen und manches andere im Moment entlastende scheinbar erreichen, aber man soll sich nicht einen Kranz von Leuten um die Städte setzen, der zwar keine Mietunterstützung braucht, aber im übrigen auf sehr lange Zeit von Beruf Wohlfahrtsempfänger bleibt. ... Deswegen sollte ein Teil der Gelände für Kleingärten zum mindesten für spätere Siedlungen geeignet sein."
Stadtrandsiedlungen als Alternative zum Dauerwohnen in Schrebergärten wurden mit staatlichen Mitteln unterstützt. Es wurden sogenannte »Siedlerstellen« eingerichtet, die Arbeitslosen per Kredit das Bauen in Osdorf und Lurup ermöglichten. Diese Siedlerstellen waren teilweise auf bestimmte Gruppen, z.B. die »Kriegsbeschädigten«, ausgerichtet. Eine Notverordnung aus dem Jahr 1931 bestimmte eine Förderung landwirtschaftlicher Siedlungen, vorstädtischer Kleinsiedlungen und Kleingärten für Erwerbslose. Damit konnte die Erschließung des Baulandes auch als Aufgabe des freiwilligen Arbeitsdienstes dem Wohlfahrtsamt übertragen werden. Darlehen bis zu 2500 RM bei einer 4% Verzinsung, teilweise auch mit niedrigerem Zinssatz, sollten den Grunderwerb von Erwerbslosen fördern. Damit wurden nicht nur im Luruper Raum Vorstadtsiedlungen ermöglicht.
"Um das anarchische Treiben, das sich teils auf billigem Pachtland, teils unerlaubt auf städtischem Grund abspielte, zu regeln, leitete die Stadt den Bau vorstädtischer Kleinsiedlungen ein. Ein Notprogramm der Reichsregierung bildete hier wie in anderen Städten die finanzielle Grundlage. Die Entwürfe für Siedlerhäuser lieferte das städtische Hochbauamt, während die Bauausführung einer Arbeitslosen-Selbsthilfegruppe oblag. 1932/34 entstanden längs unbefestigter Feldwege 88 schlichte Doppelhäuser, die an ausgewählte Siedler verpachtet wurden. Zu jeder Siedlerstelle gehörte eine ca. 750qm große Parzelle, die eine bescheidene landwirtschaftliche Produktion zur Selbstversorgung ermöglichen sollte. Die Bauten, heute sehr verändert, liegen zwischen Rugenbarg und Blomkamp in Osdorf und zwischen Lüttkamp und Farnhornweg in Lurup."

Gustav Oelsner und die Kistensiedlungen

Der Altonaer Stadtplaner Gustav Oelsner, von 1923 bis 1933 Oberbaudirektor unter dem Altonaer Bürgermeister Max Brauer, war Anhänger von städtebaulichen Reformideen wie der Gartenstadtbewegung. Im Rahmen seines Generalbebauungsplanes für Groß-Altona und seines Grüngürtelplanes realisierte er auch Siedlungsprojekte in Lurup und Osdorf. Gustav Oelsner reagierte damit auch auf die wilden, illegalen Siedlungen, die beispielsweise in Bahrenfeld, Osdorf und Lurup unter der Bezeichnung 'Fischkistensiedlungen' von Obdachlosen in den 1930er Jahren aus Abbruchmaterialien und Fischkisten errichtet worden waren, Siedlungen, die heute als Slum bezeichnet werden würden und in den 1930er Jahren auch in der bürgerlichen Presse für Schlagzeilen sorgten, siehe die Ausführungen von Gordon Uhlmann 'Das öffentliche Bild von Krise und Erwerbslosenexistenz'. So ist die unten beschriebene 'Elbkampsiedlung' eine der Siedlungen, die unter der Leitung Gustav Oelsners ermöglicht worden war. Die Stadtrandsiedlungen am Löwenzahnweg, am Mohnstieg und der Elbgaustraße gehören ebenso dazu wie die Siedlungen in Osdorf Nord. Gustav Oelsner hat natürlich nicht die Elendssiedlungen, wie die Fischkistensiedlungen damals genannt wurden, selbst als Architekt betreut, wie auf Wikipedia allen Korrekturen zum Trotz behauptet wird und leider seitdem mehrfach kolportiert worden ist (so auch auf der Ausstellung des Altonaer Museums '350 Jahre Altona). Wer sich genauer dafür interssiert: siehe Peter Michels, Hg., der Architekt Gustav Oelsner, Licht, Luft und Farbe für Altona an der Elbe, Hamburg 2008 S. 150ff, sowie Christoph Timm, Gustav Oelsner und das neue Altona, Kommunale Architektur und Stadtplanung in der Weimarer Republik, Hamburg 1984, sowie http://www.gustav-oelsner.de/

 

Die Siedler der Siedlungsprojekte und die Kreativität der Selbsthilfe

Nicht nur die Stadtoberen, auch viele Arbeitslose waren Anhänger von Reformideen, die eine gemeinschaftsbezogene Lebensweise befürworteten, füreinander einstehen wollten aus Ausdruck gelebter Solidarität. Noch heute erinnert die Siedlung Steenkamp in Bahrenfeld an den Geist dieser Jahre. Auch in Lurup entstanden Siedlungen, die sich diesem Gemeinschaftsgedanken verpflichtet fühlten. Sie bezeugen auf beeindruckende Weise die Kreativität und Experimentierfreudigkeit, nicht zuletzt die Einsatzbereitschaft der sich engagierenden Arbeiter. als Beispiele hierfür sollen die Siedlungen Uns Uhldeel und Elbkamp in Hamburg Lurup vorgestellt werden.

Siedlungsgemeinschaft »Uns Oldeel«

© Foto: Barenschee

" Am 3. August 1919, zu einer Zeit, in der sich Deutschland in einer tiefen, fast aussichtslos erscheinenden Talsohle befand, kamen beim Gastwirth Henry Kleinworth im damals noch Schleswig Holsteinischen Dorf Lurup eine Reihe mutiger Männer mit einem sagenhaften Optimismus zusammen und gründeten den Verein ‚Uns Oldeel - Eigenheim - Siedlungsspar- und Wohlfahrtsverein in Lurup'. Die Gründer des Vereins hatten sich das lobenswerte Ziel gesetzt, mäßig bemittelten Familien, insbesondere Kriegsteilnehmern und Kriegsinvaliden "gesunde Wohnungen in eigenen Gartenhäusern auf eigener Scholle zu erschwinglichen Preisen zu verschaffen."
So beginnt der Siedler Willy Barenschee seinen Rückblick auf die Entstehungsgeschichte der Siedlung Uns Oldeel. Die Mitglieder "setzten sich zusammen aus einigen alten Lurupern, Großflottbeckern und Bahrenfeldern. Es waren Arbeiter, Handwerker und auch Angestellte der Stadt Altona." "Jeder sollte ohne Ansehen der Person gleiche Rechte, aber auch gleiche Pflichten haben. Der Landmann und Gastwirth Henry Kleinworth stellte uns eine Roggenstoppelkoppel von 63745 qm zur Verfügung, die im Süden von der Carlstraße (dem heutigen Böttcherkamp) begrenzt wurde. Der Kaufpreis betrug damals durchschnittlich 1,20 M."
Neben Henry Kleinworth waren es auch der Grundbesitzer Josef Wilsdorf und der Keramikfabrikant Christian Karstens, die diese Siedlung maßgeblich förderten. Den Bau besorgten die Siedler selber:
"Erst einmal mussten ja die beiden Straßen gebaut werden. Alle Mitglieder samt Familien halfen mit, jede freie Zeit, auch sonntags, nicht nur das Straßenbett auszuheben, sondern auch Steine, Geröll Schlacke usw. heranzuholen. Wir grasten mit Pferdefuhrwerken die ganze Umgebung ab, bis hin zum großen Exerzierplatz und Gayens Kiesgruben. Sogar mit Block- und Kinderwagen waren unsere Jugendlichen unterwegs. Manche Sonntagsspaziergänger tippten an ihren Kopf und schauten uns mitleidig zu." So entstanden die Straßenzüge um die Siedlung an der heutigen Kleinwörthshöh. Schwierig war es für den Bauverein, trotz Inflation und Währungsreform die nötigen Baugelder zu organisieren. Auch die Siedlungshäuser entstanden in Gemeinschaftsarbeit: "Wer wusste damals schon etwas von Baggern und Baumaschinen. Spaten, Schaufel und Schubkarre auf schiefer Ebene war unser Geschirr. Was heute ein Bagger in 8 Stunden schafft, das machten damals 20 Mann in 8 Wochen. Der Schweiß lief in Strömen und mischte sich manchmal mit Regenwasser. Trotzdem war die Stimmung immer gut. Auf den Gehwegen wurden Baumgruben ausgehoben und Apfelbäume gepflanzt. Es wurde gemeinsam gearbeitet und manchmal gemeinsam gefeiert. Allmählich wurde man auf uns aufmerksam. Es kamen jetzt öfter ‚Sehleute' und keiner schüttelte mehr den Kopf, sondern man nahm an unserer Arbeit Anteil und Einsicht in unser vorbildliches Vereinsstatut. Wir fanden Nachahmer in Lurup und es entstanden schon bald weitere Siedlungen. Lurup begann zu wachsen. Unsere Devise war eindeutig: das letzte Haus soll nicht teurer werden als das erste." Dennoch, das Ziel, alle Häuser gemeinsam fertig zu stellen, konnte in der schlechten Zeit nicht ganz realisiert werden. Die Familien bauten individuell, entsprechend den eigenen Möglichkeiten, jede für sich die Bauvorhaben zuende, aber der Bauverein konnte bei seiner Auflösung 8280 RM Vermögen aufweisen, von dem die Straßenzüge Wilsdorfallee und Kleinworthshöh mit Kirschbäumen in eine schöne Allee verwandelt werden konnten, Bäume, die wir noch heute bewundern können. Nachbarschaftshilfe und ein solidarisches Gemeinwesen bestimmte in dieser Siedlung bis in die Nachkriegsjahre das Zusammenleben.

 

Siedlungsgemeinschaft »Elbkamp«

 

© Foto: Siedlungsgemeinschaft Elbkamp e.V.

1931 kam es aufgrund eines Aufrufes des Gartenbauamtes der Stadt Altona zu einer Versammlung von etwa 400 Menschen, die alle hofften, vergünstigt in Lurup und Osdorf eine Siedlerstelle finden zu können. Arbeitslose Männer, die davon träumten, eine Existenz für sich und ihre Familien zu gründen. Menschen, die von Armut und den zermürbenden Erfahrungen der Arbeitslosigkeit geprägt waren. Eine Siedlerstelle, das bedeutete nichts anderes, als ein Haus aus eigenen Mitteln und mit eigener Kraft aufzubauen und in einer Gemeinschaft Gleichgesinnter in einer Siedlung zu leben. Das bedeutete einen Weg finden aus Arbeitslosigkeit, Armut, Perspektivlosigkeit. Ausgerechnet in Lurup hatten sie sich in den Kopf gesetzt zu bauen. Vorausgegangen war dem eine Arbeitsgemeinschaft von Erwerbslosen um Fiete Pein, in der die Idee geboren worden war, eine solche Siedlung zu gründen. In der Kieler Straße hatten sie sich getroffen und gemeinsam diskutiert, was denn getan werden könne. Die Brüningsche Notverordnung kam ihnen zu Hilfe, und sie hatten Glück: Von der Altonaer SPD wurden sie unterstützt. In den Arbeitslosengemeinschaften wurden Listen ausgelegt, in die sich jeder eintragen konnte, der die Voraussetzung zur Führung einer Siedlerstelle erfüllte. Aufgegriffen wurde diese Idee auch vom sozialdemokratischen Altonaer Bürgermeister Max Brauer, mit dessen Hilfe die Pläne realisiert werden konnten. Altonaer Behörden sorgten dafür, dass Kredite an die Siedler vergeben und Ländereien zur Verfügung gestellt werden konnten diese Maßnahme sollte den Arbeitslosen Vermögensbildung und ein Stück wirtschaftliche Unabhängigkeit ermöglichen. Bauen und die Geldmittel aufbringen, um die Kredite zurückzuzahlen, dass mussten die Siedler jedoch aus eigener Kraft. Zunächst aber war es noch nicht so weit. In der Gaststätte ‚Republikanischer Hof' in Altona 1931 diskutierten sie noch über ihre Pläne. Ähnlich wie die Siedlung Steenkamp, wurde in Lurup der Reformgedanke eines gemeinschaftlichen Zusammenlebens aufgegriffen. Zunächst wurden die Voraussetzungen festgelegt. Dazu gehörte, dass der Siedler verheiratet war, mindestens ein Kind bei ihm lebte, er sich zur Gartenarbeit eignen, zwischen 25 und 55 Jahren alt sein und mindestens drei Jahre in Altona ansässig gewesen sein musste. Diese Voraussetzungen wurden von den 400 Menschen, die da 1931 in der Gaststätte ‚Republikanischer Hof' in Altona zusammenkamen, größtenteils erfüllt. Aber nur 102 von ihnen konnten damit rechnen, die eigenen Träume in die Tat umzusetzen. Träume, die angesichts der sozialen Realität damals ziemlich übersteigert zu sein schienen: ein eigenes Haus für einen Arbeitslosen und seine Familie in Lurup in der Damaschkestraße (heute Farnhornweg)! Ein bisschen verrückt müssen sie schon gewesen sein, all die vielen, die damals an die Möglichkeit glaubten, ihre Vorstellung von einem Lebens in einer Gemeinschaft realisieren zu können. So kam es dann 1931 zum Gründungsbeschluss der Siedlervereinigung mit dem trockenen Namen ‚Gemeinnützige Siedlervereinigung Altona e.V.' In der Satzung wurde festgelegt, dass der Verein zum Zwecke der Errichtung und Betreuung von Kleinsiedlungen gegründet worden sei. Politische, religiöse und staatsfeindliche Betätigung wurde per Satzung ausgeschlossen. Wobei nicht verschwiegen werden soll, dass ein bemerkenswert hoher Anteil dieser Siedler sich in der sozialdemokratischen Partei betätigt hatte oder sich den Sozialdemokraten zumindest verbunden fühlte. Zunächst wurden 176 Siedlerstellen angestrebt, davon 102 in Lurup, der Rest in Osdorf. Die Stadt Altona half insofern, als dass der Bauingenieur Willi Bruns den Männern hilfreich zur Seite stand. Unter den 102 Siedlern waren lediglich 32 Handwerker. Und die Männer bauten selbst, in gegenseitiger Unterstützung, ohne andere technische Hilfsmittel als zwei Zugpferde und gemietete Schienen und eine altersschwache Lore. Zunächst wurde Haus um Haus gebaut, ohne dass feststand, welche Familie welches Haus bekommen sollte. Der Gedanke der Gemeinschaft ließ die Regelung aufkommen, dass erst nach Fertigstellung der Bauten über die Vergabe der Häuser gerecht das Los zu entscheiden habe.

© Foto: Siedlungsgemeinschaft Elbkamp e.V.


Fünf Gruppen von Männern bauten in der Zeit vom Winter 1931/32 in der Damaschkestraße (heute Farnhornweg).
"Der hartgefrorene Boden machte die Ausschachtarbeiten zur Qual. Zunächst wurde jedoch eine Kiesgrube freigelegt, gemietete Schienen von der Kiesgrube bis zur Baustelle verlegt und die schon sehr betagten Loren draufgesetzt. Zwei Pferde wurden angeschafft und schon war die Baustelle mit zwei PS zum Teil »motorisiert«. Väterchen Frost hatte allerdings auch eine positive Seite, die sich darin offenbarte, dass Baumaterial auf dem sonst sehr schlammigen und morastigen Boden relativ störungsfrei angefahren werden konnte. Nach der Aushebung des Baugrundes wurden die Kellerwände eingeschalt und dann ging es ans Betonieren. Die Siedler, die um Geld zu sparen, oftmals bereits kilometerlange Fußmärsche hinter sich hatten, wurden bei diesen, für die meisten ungewohnten Tätigkeiten, bis an die Grenze ihrer Leistungsfähigkeit belastet. Viele haben in den Momenten größter Erschöpfung sicherlich aufrichtig bereut, jemals den Gedanken an eine Siedlerstelle in die Tat umgesetzt zu haben. Dennoch wurde nicht aufgegeben und dies nicht zuletzt, weil die Ehefrauen der hart arbeitenden Männer viele Dinge übernahmen und in sehr vielen Situationen über sich hinauswuchsen."
So bauten sie, die Herren Böttcher, Willy Hill, der Fiete Pein im Vorsitz ablöste, die Herren Rosenberger, Jäger, Pedersen und Turban. An einige von ihnen erinnern heute Luruper Straßennamen, der Böttcherkamp, der Willy - Hill - Weg. Ende 1932 waren die Häuser fertiggestellt. Und es konnte losgehen mit den Umzügen aus Altona, Eimsbüttel oder St. Pauli.
"Viel war es ja nicht, was da transportiert werden mußte. Oftmals zogen mehrere Familien mit einer Fuhre um. Wenn dann die wenigen Habseligkeiten auf dem Möbelwagen verstaut waren, war häufig immer noch viel Platz auf dem Fahrzeug. Der Weg gestaltete sich sehr beschwerlich, denn Straßen, wie sie uns heute selbstverständlich sind, waren damals nicht vorhanden. Aber Siedler, die alle bisherigen Schwierigkeiten überwinden konnten, für die war dies kein Problem mehr. Ja, und dann stand man davor! Aus eigener Kraft geschaffen. Das neue Zuhause. Wie viel Qualen und Entbehrungen, Kraft und Nerven, Sorgen und Ärger bedeuteten diese Bauten für die Familien. Aber dies zählte nicht, wenn Glück und Freude die Nöte der Gegenwart für kurze Zeit vergessen ließen. In einigen Fällen wurde der Umzug vollzogen, ohne dass Türen und Fenster eingesetzt waren. Schließlich konnten nicht alle Häuser gleichzeitig fertiggestellt werden, von den Siedlern waren die bisherigen Wohnungen aber bereits gekündigt worden."
Die Wohnsituation blieb in den ersten Jahren in vielerlei Hinsicht provisorisch. "Die Strasse, dass war eine Sandwüste nur Sand, Kuhlen und Berge bis hin zum Volkspark." Aber:
"Man hatte es geschafft. Die Siedlung am Stadtrand Altonas war geschaffen. Die ca. 1.600 Einwohner Lurups hatten Zuwachs erhalten."
Die Häuser waren von den Siedlern in Selbsthilfe erstellt worden, zusätzliche Mittel waren nicht benötigt worden. Die Stadt Altona hatte ein Darlehen in der Höhe von 325.000 Reichsmark zur Verfügung gestellt, das von den Siedlern bis zum letzten Pfennig einschließlich der Zinsen rückerstattet worden war.

© Foto: Siedlungsgemeinschaft Elbkamp e.V.

 

Der Siedlung Elbkamp 
zum 50jährigen Jubiläum

Unsere Eltern begannen vor 50 Jahren
mit viel Mühen und Plagen,
die Zeit war damals schwer,
ein großes Arbeitslosenheer.
Die Stadt vergab das Land,
es ging damals Hand in Hand,
durch Fürsprache von Bürgermeister Brauer,
den 102 Siedlern wurde die Arbeit manchmal  sehr sauer.
Sie krempelten die Ärmel hoch
und dann ging es los.
Es galt ein eigenes Häuschen zu bauen,
mit viel Fleiß und Gottvertrauen.
Handwerker waren besonders gefragt,
alle anderen mussten zupacken je nach Bedarf.
Mit Schippen und Loren
wurde der Sand aus der Kiesgrube geborgen,
dann mit Schubkarren, gib acht,
an die Häuser gebracht.
Die Arbeit war hart,
sogar die erste Straße wurde eigens gekarrt.
Im knöcheltiefen Matsch
wateten die Siedler durch den Morast.
Das Geld für Material und Grundstück gab der Staat.
Es wurde alles mit Zinsen zurückgezahlt.
Als zehnjährige habe ich mit meinen Eltern
das Probehaus besichtigt,
Mein Vater, Gustav Schwerdtfeger, als Zimmermann hat es mit eingerichtet.
So zogen wir bald ein
in unser neues Heim.
Die Gärten wurden hergerichtet.
Die Hühner- und Kaninchenställe besichtigt.
Die Regentonne lud zum Baden ein,
ich kann nur sagen, das war fein.
Auf der Straße konnte man Tippel-Tappel spielen
ohne nach den Autos zu schielen.
Es gab frisches Gemüse aus dem Garten,
und die reifen Stachelbeeren ließen auch nicht auf sich warten.
Wenn auch nur ein Plumsklo,
wir waren trotzdem alle froh.
Zufrieden und bescheiden haben wir alle gewohnt,
von keiner Umwelt wurden wir bedroht.
Ich meine, es hat sich gelohnt.
Ich hänge an der Scholle,
mag kommen was da wolle.
Was unsere Eltern so schwer erworben,
gibt man nicht einfach so verloren.


Elfriede Lengemann

Quelle: Hg. Siedlung Elbkamp, Jubiläumsschrift, 1981: Siedlergemeinschaft Elbkamp in Hamburg Lurup e.v., Hg., Erinnerungen an 50 Jahre Siedlergemeinschaft Elbkamp, Hamburg Lurup, 1981

Die Siedlung Elbkamp musste in den 1980er Jahren auf behördlichen Beschluss einen Teil der Vordergärten für den Ausbau des Farnhonrwegs zur Verfügung stellen. Vergeblich protestierten die Siedler dagegen, u.a. durch eine 'Beflaggung' der Vorgärten:

  © Foto: Jeske

 

 

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